Wir Eltern, Pädagog*innen und Schüler*innen der Integrativen Lernwerkstatt Brigittenau /ILB – gemeinsam mit vielen anderen Menschen fordern, dass die alternative Leistungsbeurteilung ohne Noten im Rahmen der Schulautonomie möglich ist.
Zentrale Forderung der Initiative Schule.schafft.Autonomie
Mit dem „Pädagogik Paket 2018“ wurde zum Gesetz, dass spätestens ab dem Jahreszeugnis der 2. Klasse Volksschule in Österreich bundesweit wieder Ziffernnoten vergeben werden müssen. Bis dahin war es zumindest bis zum Ende der 3. Klasse Volksschule möglich, schulautonom zu entscheiden, in welcher Form die Kinder einer Klasse beurteilt werden.
Das wurde in tausenden Klassen gut angenommen, das hat in hunderten Schulen gut funktioniert. Jede Schule und jede Klasse konnte schulpartnerschaftlich entscheiden, ob Schülerinnen und Schüler eine alternative Leistungsbeurteilung oder Ziffernnoten erhalten. Wir fordern, dass die Art der Leistungsbeurteilung wieder im Rahmen der Schulautonomie von den Betroffenen selbst gewählt werden kann.
Warum fordern wir das?
- Es wurde hinlänglich bewiesen, dass Ziffernnoten nicht objektiv sind. Es gibt keine Notenwahrheit. Studien haben gezeigt, dass dieselben Leistungen unterschiedlich bewertet oder umgekehrt unterschiedliche Leistungen mit derselben Note bewertet werden. Aber nicht nur die einzelnen Pädagog*innen bewerten unterschiedlich, es macht auch einen Unterschied in welche Schule oder Schultyp ein Kind geht, wo es in die Schule geht, welchen Bildungsstatus die Eltern haben, auf welchen Lernniveaus sich die Kinder einer Klasse bewegen und vieles mehr.
- Ziffernnoten motivieren nicht zum Lernen. Im Gegenteil erzeugen Ziffernnoten (nachgerade „schlechte“ Noten wie ein 3er, 4er oder 5er und besonders bei jüngeren Schüler*innen, bei Kindern mit besonderen Begabungen oder mit erhöhtem Förderbedarf) unnötigen Druck für alle Beteiligten, also Schüler*innen, aber auch Lehrer*innen und Erziehungsberechtigte. Ziffernnoten lenken den Blick auf die „Rangfolge“ in der Gruppe („…ich bin besser / schlechter als…“), statt das ganz konkrete einzelne Kind und seine Besonderheit, seine Stärken und auch Schwächen, seine Fortschritte und sein noch zu hebendes Potenzial in den Mittelpunkt zu stellen.
- Alternative Beurteilungsformen wurden – verbunden mit vielen Arten der Lernfortschrittsdokumentation – wissenschaftlich unterstützt entwickelt und vermitteln Eltern und Kindern einen besseren Eindruck über den Lernstand des Kindes. Sie zeigen Schwächen und Stärken des Einzelnen besser auf als die Reduzierung aller Leistungen auf eine Ziffernnote. Das hat nichts mit Kuschelpädagogik zu tun, sondern mit einer differenzierten Rückmeldung an Eltern und Kinder um besser auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler reagieren zu können.
- Die Mitglieder der Schul- und Klassenforen kennen die Besonderheiten des jeweiligen Standortes und die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler am besten. Deshalb sollte die Entscheidung über die Beurteilungsform auch in diesen Gremien getroffen und nicht bundesweit verordnet werden.
- Für Integrationsklassen, in denen Kinder mit noch weit größeren Bandbreiten von unterschiedlichen Begabungen und Lernvoraussetzungen gemeinsam lernen und spielen, widerspricht eine Beurteilung in Ziffernnoten diametral dem Konzept der Inklusion.
- In Mehrstufenklassen, die über mehrere Alters- und Lernniveaustufen verbindend wirken sollen, wird das Miteinander erheblich gestört, wenn einige Kinder Ziffernnoten bekommen und andere nicht.